Vergaser BVF
NorbertE |
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Liebe Freunde, ich hatte ja gesagt, dass ich darüber nachdenke, diesen Vergaser und dessen Prinzip zu erläutern. Ich werde es hier tun und auch einfach und ausführlich. Darin liegt die eigentliche Schwierigkeit: Etwas für einen selbst selbstverständliches technisches so in Worte zu kleiden, dass es halbewegs allgemeinverständlich rüberkommt. Wenn meine kommenden Erklärbärungen ein Ingeneur oder Techniker liest, wird er mich totsicher für total bescheuert halten. Ich muss mich auch noch mit dem Schmied kurzschliessen, denn er kann schöne Zeichnungen kreieren. Mit Fotos ist bei einem Vergaser nicht viel zu machen. Bevor wir den Vergaser überhaupt anschauen oder gar öffnen, wieder etwas Grundsatz. Unser Motor ist eine "Verbrennungsmaschine" und zu einer Verbrennung benötigt man Sauerstoff (Luft) und ein Brennmittel in unsrem Fall Benzin. (der RH50-Motor läuft auf Grund seiner Einfachheit auch mit anderen Brennstoffen). Sauerstoff haben wir in der Luft und Benzin hoffentlich im Tank. Der Vergaser hat die Aufgabe, beides in einem sinnvollen Gemisch bereitzustellen. Deswegen ist das Wort "Vergaser" eigentlich falsch, denn es wird nichts "vergast", sondern gemischt. Er müsste demzufolge eigentlich als Mischer bezeichnet werden. Aber gut, das werde ich nicht ändern können Ein weiteres wichtiges Kriterium zum Verständnis ist die Wirkungsweise Kolben im Zylinder. In dem Augenblick, wo sich der Kolben abwärts bewegt, ist er ringsrum so abgedichtet, dass dadurch im Zylinder ein Unterdruck entsteht. Nun kommt der Punkt, wo durch die Abwärstbewegung der Kolben den Einlass (dort, wo unser Vergaser angeschraubt ist) erreicht und öffnet. Der unterdruckbehaftete Zylinder "saugt" sich nun über den Vergaser voll, um die Druckverhältnisse wieder auszugleichen. Unser Motor ist also ein "Sauger", denn wir haben keine Einspritzanlage, keine Kompressoren oder Turbolader und dergleichen. Ich schreibe das deshalb so genau, weil es für die Funktion von exestentieller Wichtigkeit ist. Das ganze System (Kurbelgehäuse, Zylinder, Vergaserflansch, Vergaser) muss absolut dicht sein, sonst saugt sich der Zylinder durch den Unterdruck an undichten Stellen "Falschluft", die das vom Vergaser kommende Gemisch im Zylinder verändert und zu Funktionsstörungen führt. Das ist bei Gemischproblemen das Erste, was man prüfen muss. Eine ganz neuralgische Stelle ist u.A. der Vergaserflansch: Wenn der schon halb zum "U" gebogen ist, kann dort keine Dichtheit sein.(die Dichtungen dort sind nur die beiden dünnen Papierdichtungen. Die starke Kunststoffscheibe dient nur zur thermischen Entkopplung Zylinder-Vergaser.) Als nächstes kommen wir nun endlich zum Vergaser selbst.
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Wenn die Sonne der Kultur tief steht, werfen auch Zwerge lange Schatten. Karl Kraus
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NorbertE |
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Das die Luft durch den Unterdruck im Zylinder angesaugt wird, hatten wir. Doch wie kommt nun der Benzin dazu? Dazu bedient man sich, wie in der Skizze dagestellt des "Zerstäuberprinzips". Strömt über ein Tauchrohr, was sich in einer Flüssigkeit befindet, Luft(oder ein Gas), ensteht im Tauchrohr ebenfalls ein Unterdruck, der Flüssigkeit nach oben saugt. Dort wird sie vom strömenden Gas in kleinen Tröpfchen mitgerissen. Zerstäubt. Unser Vergaser ist also nicht nur Mischer, sondern eigentlich ein Zerstäuber. Dieses Prinzip wird z.B. in jeder Fingerpumpflasche angewendet, nur dort wird nicht gesaugt, sondern mit der Pumpe die Luft von hinten reingedrückt. Wenn ich das so einbauen würde, wie auf der Skizze, würde es funktionieren. Ich hätte aber keine Möglichkeit, die Gemischmenge zu regulieren (Gas geben) und immer "Vollgas". Aus diesem Grund hat man dort den Kolbenschieber eingebaut. Der übernimmt gleichzeitig zwei aufeinander abgestimmte Funktionen: Luftmenge regeln und Benzin dazu dosieren. Da es ein Kolbenschieber ist, heisst unser Vergaser auch dementsprechend Kolbenschieber-Vergaser (es gibt auch noch Drehschieber-, Fallstrom- usw.) Das Wort Schieber kommt übrigens nicht von "schieben", sondern von Schieber=Absperrorgan. Die Funktion Kolbenschieber mach ich vielleicht heute abend, es ist zeichnungstechnisch nicht so einfach.
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Ostbiker |
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NorbertE |
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Ohne Flax und Krümel: ich habe es bewusst ganz einfach schreiben wollen und die Hauptdüse, den Schwimmer, das Nadelventil (zu denen ich schon noch kommen werde ) weggelassen. Im Kolben selbst ist der Gasbowdenzug eingehangen, mit dem ich den Kolben selbst in seinem Führungszylinder damit auf und ab bewegen kann. In seiner untersten Stellung verschliesst er komplett den Vergaserdurchlass luftseitig. Je mehr sich der Kolben nach oben bewegt (durch Drehen am Gasgriff), um so mehr Luft kann durch den Durchlass strömen. Gleichzeitig muss aber nun eine variable, von der Luftmenge abhängige Spritdosis über das Tauchrohr zugemischt werden. Dieses macht man so, dass in den Kolben eine konisch geformte Tauchnadel eingehangen ist, die in das Tauchrohr ( welches richtig ab jetzt "Nadeldüse" heissen wird) "eintaucht". Das sieht man in unterschiedlichen Stellungen auf der Skizze unten. Das Prinzip ist einfach aber gleichzeitig auch genial. Nadeldüse und Nadel müssen zueinander passen, sonst funktioniert es nicht. In den BVF-Vergaser sind only 210 und 212 Nadeldüsen und Nadeln verbaut worden. Das steht auf beiden auch drauf.
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NorbertE |
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Es steht drauf, sieht man unten Ich möchte an dieser Stelle auch klären, was es auf sich hat: "Du musst die Nadel höher hängen". Diese hat ja, wir wir wissen, oben mehrere Kerben zum arretieren. Durch umhängen/stecken in verschiedene Kerben kann ich in Grenzen die Spritmenge, die der Luftstrom mitnimmt, beeinflussen. Nadel höher=mehr Sprit bei gleicher Luftmenge="fetter" und umgedreht. Ein Paradoxum ist aber nun Folgendes: Viele denken bei Nadel höher: eine Kerbe hoch. damit kommt aber die Nadel selber nun tiefer!!! Nein, wenn es heisst: Nadel hoch(fetter=mehr Sprit)heisst es wirklich die Nadel hoch und damit die Kerbe tiefer. Das ist auf den ersten Blick verwirrend und auch ich hatte als Jugendlicher so meine Probleme damit , aber es ist, wenn man es sich logisch durchdenkt, ganz simpel.
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NorbertE |
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Danke fürs Kompliment Das Wort Vergaser hat sich über die Jahrzehnte eingebürgert, obwohl es nicht stimmt. Flüssig(Benzin) und Gas (Luft) sind Aggregatszustände. Stoffe können von einem Aggregatszustand in einen anderen gewandelt werden. Das geschieht immer mit hilfe von Temperatur und/oder Druck. Im Vergaser haben wir keines von beiden und der mitgeführte Sprit ist nur in feine Tröpfchen zerstäubt und damit noch eine Flüssigkeit. Der erzeugte Unterdruck ist zu gering für eine Zustandsänderung des Benzins und wird nur für den Transport des Gemisches in den Zylinder genutzt. Auch bei einer Einspritzanlage kommt der Sprit nicht als Gas in den Zylinder, sondern er wird auch fein zerstäubt halt mit Druck eingeblasen. Ein Beispiel: Propan wird komprimiert (hoher Druck) und kommt in die Flasche als Flüssigkeit. Beim öffnen der Flasche kann sich die unter Druck stehende Flüssigkeit entspannen und wandelt sich dadurch wieder zum Gas. Dabei wird der Umgebungsluft Energie entzogen (Temperatur) und die Flasche wird kalt.
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NorbertE |
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Streitet doch nicht Ich schrieb im Eingangsposting: "...unterdruckbehaftete Zylinder "saugt" sich nun über den Vergaser voll, um die Druckverhältnisse wieder auszugleichen...." Gut, ich hätte sollen schreiben, dass sich nicht der Zylinder vollsaugt, sondern das Kurbelgehäuse, wo der ganze Mist vorverdichtet und dann in den Brennraum geschossen wird. Es war mir für die Funktion "Vergasermischerzerstäuber" nicht relevant.Sorry.
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Hille |
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Hallo Norbert, wie immer schön beschrieben . Kannst ja noch kurz beschreiben, wie das ganze dann im Standgas funktioniert (Leerlaufdüse usw.). Gruß Hille
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NorbertE |
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Hille, mit den 16 N-Vergasern bin ich nicht so fit. Das kann ja jemand andres machen oder ich muss es selber wiedermal auffrischen und anhängen. Mir gings ja hier erst mal um die einfache Variante 12x-X. Wo waren wir? Die Nadeldüsenfunktion haben wir (fast) geklärt. Fast deswegen, weil die Nadel ja bei Vollgas eigentlich ganz herausgezogen sein müsste. Das geht aber nicht, denn dann hätte sie keine Führung mehr. Deswegen bleibt die Spitze der Nadel auch bei voll geöffnetem Schieber ein kleines Stück in der Nadeldüse. Der Durchmesser der Nadeldüse ist sehr genau auf den Luftstrom durch den Einlass abgestimmt. Wählt man den Durchmesser zu gross (vermeintlich mehr Sprit) kann es dazu kommen, dass die Sogwirkung ungenügend ist und nicht mehr genügend Sprit im Kanal zerstäubt wird. Man erreicht also das Gegenteil. Am unteren Ende der Nadeldüse oder des Tauchrohres befindet sich unsere Hauptdüse. Bei allen 12x-x-Vergasern ist der Standard eine 55er. Bei Nachfolgemodellen (Spatz/KR50) am 13x-x-Vergaser ist es eine 60er Düse. Die Bezeichnung z.B. 123-4 ist recht sinnvoll gewählt, denn die ersten beiden Ziffern geben immer den Luftdurchlass in mm an. In dem Fall 12mm. Daran sieht man auch, dass man dem Vergaser mit 13mm (mehr Luft) logischerweise auch eine grössere Hauptdüse verpasst hat= im Ganzen mehr Gemisch. Die Funktion der Hauptdüse ist ganz einfach erklärt: Sie begrenzt den maximalen Spritdurchsatz und stellt immer eine ausreichende Sogwirkung sicher. Stellen wir uns die Vollgasstellung vor: maximale Luft, Nadel ganz oben und damit Nadeldüse voll offen. Wenn jetzt das untere Ende das Tauchrohres(der Nadeldüse), welches sich im Schwimmergehäuse (dazu komm ich noch) im Benzin befindet, offen oder zu groß wäre, können 2 Dinge passieren: Entweder es wird viel zu viel Sprit zerstäubt oder der Unterdruck reicht nicht aus und es wird gar kein Sprit mehr ans Ende der Nadeldüse gesaugt. Beides hätte ein Absterben des Motors zur Folge. Nun könnte man ja auch die Nadeldüse unten so gestalten, dass ein festgelegter Durchlass da ist. Auch solche Vergaser gibt es (nicht bei Simson). Man hat die Variante mit variabeler Hauptdüse und damit variablen max.Durchlass gewählt, um gleiche Vergaser an verschiedene Motortypen und Leistungen anpassen zu können. Als Abschluss Hauptdüse: Sie ist nur eine Begrenzung und nur für den Vollastbereich zuständig. Der Sprit muss aber in jeder Gasstellung durch und damit ist eine "freie" Hauptdüse für eine ordnungsgemässe Funktion unerlässlich. Und da können bei 0,55mm oder 0,6mm Durchmesser schon winzige Verunreinigungen zu Fehlern führen. Ausserdem sind diese Teile feinmechanische Präzision: Da gehört nicht mit Zangen oder falschen Schraubenziehern und dergleichen grobem Unrat daran herumgewürgt Auf dem Foto sieht man v.l. die Düsenhalteschraube, die eigentliche Hauptdüse und die Stelle, wo das rein kommt
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Ostbiker |
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Das Standgas bei den 16N Typen ist doch gar nicht komplex. Fangen wir mal an. Der Schieber vom Vergaser liegt auf der LL- Schraube auf, mit welcher er, über eine an ihm befindlichen angefasten Nut, in der Höhe verstellt werden kann. Diese oben abgeschrägte Nut ist oft auch verschlissen und das einstellen der LL-Schieberstellung ist nicht mehr korrekt möglich, dann hilft nur ein neuer Schieber. Also weiter zur Funktion. Der Schieber liegt also auf der Schraube auf, so dass sich ein winzig kleiner Luftspalt unter ihm befindet,durch diesen zieht der Motor bei LL die nötige Luftmenge. Die Nadel der HD ist komplett geschlossen also dicht. Der Kraftstoff wird über die kleine LL-Düse (meist 35 bzw 40) nach oben gesaugt, da ja wie bereits erwähnt, bei der Aufwärtsbewegung des Kolbens, im Ansaugtrakt ein Unterdruck entsteht, sobald das hintere Kolbenhemd den Einlaßschlitz vom Zylinder öffnet. Der Schieber ist unten von der Luftfilterseite her angeschrägt, dadurch wird die angesaugte Luft um unter ihm durchzukommen stark bechleunigt und zerstäubt daduch das nach oben steigende Kraftstoff-Luft Gemisch, welches aus der kleinen unteren Bohrung(Leerlaufgemischkanal) vorn 5mm hinter dem Zylinderflansch austritt. Daduch, dass der Luftspalt unter dem Schieber so winzig ist herrscht natürlich ein wahnsinniger Widerstand in Form von Druckgefälle vor und hinter dem Schieber. Auf Grund dessen zieht/saugt der Unterdruck die Luft aus dem Leerlaufgemischkanal, der seinerseits über die Umluftschraube die nötige Dosierung erhält um den Kraftstoff mit Luft vorzumischen. Das wars Grundlegend erstmal Nun noch etwas zum Thema Vergaser einstellen, da es jetzt hervorragend passt mit jenem Vorwissen. Dies geschieht ja im LL mit Hilfe der Umluftschraube oder Leerlauf-Luft-Regulierschraube, ergo wird mit jener Schaube auch bloss das Gemisch auf die vorhandene LL-Düse angepasst. Sobald man also aus "Tuninggründen" eine grössere HD verpasst wäre es sehr ratsam auch eine grössere LL-Düse einzusetzen, ansonsten gibt es immens große Übergangsschwierigkeiten im Lastbereich,da der Motor dann total überfettet.Deshalb gibt es auch Düsenpaarungen die nicht sehr ratsam sind, so auch eine große LL-Düse mit kleiner HD, unter Vollast magert das Gemisch stark ab und es kommt zu Überhitzung und daraus resultierenden Folgeschäden wie Kolbenklemmern/fressern. Aber um dieses Problem weitestgehend zu minimieren waren die Berliner Ingenieure recht pfiffig und haben eine sogenannte Progressionsluftbohrung angebracht. Dies ist das winzig kleine Löchlein vor der Nadeldüse,wenn man von oben in die Schieberöffnung schaut. Dort wird zusätzlich Kraftstoff-Luft Gemisch angesaugt zu jenem welches aus der Nadeldüse austritt. Ich hoffe es so plausibel wie möglich beschrieben zu haben. Auch ohne verbale Aussetzer Christian.
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