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> Kolbenbolzen auswinkeln
NorbertE
Geschrieben am: 08.05.2009, 16:02
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Schreibt mal bitte nichts rein, bis ich "habe fertig" gemeldet habe. biggrin.gif Wird auch ne Weile dauern.

Die Motorduko besteht ja, aber dort fehlt dieses Thema "Kolbenbolzen auswinkeln", was wichtig ist und ich erklären möchte. Es erreichen mich dazu auch Anfragen, die ich nicht jedesmal neu beantworten will.

Fangen wir an: Am Anfang steht die KW wie auf dem Bild. Wir denken uns nun 3 horizontale Achsen:
-die Wellenstümpfe
-das untere Pleuellager
-das obere Pleuellager/der Kolbenbolzen

Diese 3 gedachten Achsen müssen absolut parallel zueinander verlaufen. Das ist die Grundvoraussetzung. Dazu kommen noch Rundlauf, Wuchtung usw.

"Normalerweise" wink.gif bekommt man die KW so zu kaufen. Leider scheint dies heute nicht mehr so zu sein. Z.B habe ich eine im Net gekaufte KW zum Meister getragen und der hat Abweichung von den Toleranzen festgestellt....jenseits von Gut und Böse!

Um aber eine KW ausmessen zu können, bedarf es eines besonderen Messplatzes, den ich auch nicht habe. Ich verlasse mich daher auf einen Handwerksbetrieb, der darauf spezialisiert ist. Wenn ich Toleranzen schreibe, meine ich den Bereich 1/100stel mm!

Diese Toleranzen und auch der Messplatz ist in dem Video gleich anfangs gut erklärt. Die angeführten Toleranzmaße der M-Motore in dem Video gelten auch für Rh50.



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Wenn die Sonne der Kultur tief steht, werfen auch Zwerge lange Schatten.
Karl Kraus
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NorbertE
Geschrieben am: 08.05.2009, 16:28
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Gehn wir mal davon aus, dass wir eine exakte KW haben. Dadrauf sitzt oben der Kolben im Lager. Ich spreche immer von Toleranzen. Man könnte auch "Spiel" dazu sagen, denn die Teile bewegen sich alle...und zwar ölgeschmiert und hastig. biggrin.gif Das Spiel ist also notwendig, weil auch Wärme ensteht.

Wenn man nun den Zylinder draufsteckt, sind Zylinderinnenwandung und Kolbenaussenwand (das Kolbenhemd) exakt parallel und 90° rechtwinklig zu unsren vorher gedachten KW-Achsen. Alles paletti bisher thumbsup.gif und jetzt baun wir die exakte KW in die Motorhälften ein.

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NorbertE
Geschrieben am: 08.05.2009, 16:47
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Halt!! Bevor wir die KW einbaun, habe ich dieses (übetriebene) Foto.

Wir haben eine exakte KW und wir haben einen schönen Kolben und auch den passenden Zylinder.

Was passiert, wenn, wie auf dem Foto der Zylinder "schief" montiert wird?

Richtig: der kann garnicht, der klemmt, geht garnicht... Das Foto ist extrem übertrieben, verdeutlicht aber das eigentliche Problem.

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NorbertE
Geschrieben am: 08.05.2009, 17:23
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Wir haben die KW in die Gehäusehalften eingebaut und fertig. Unsere 3 gedachten Achsen an der KW sind immer noch exakt da...nur, wir haben die Rechnung ohne dem Gehäuse gemacht. biggrin.gif

Durch Fertigungstoleranzen sind die Gehäuse nie gleich. Wenn man eine Maschine zusammensetzt, summieren sich die Toleranzen der einzelnen Teile am Endpunkt. Der Endpunkt ist in dem Fall die Stelle Parallelität Kolbenhemd/Zylinder. Die kann man nur korrigieren übers Pleuel. Die exakte KW steckt also nicht im 90°-Winkel zur Auflage/Dichtfläche des Zylinders im Gehäuse!!! Das trifft für jeden Motor zu!

Auf dem Foto sieht man das nach links kippende Pleuelauge. Durch die Summierung der "Toleranzen" beträgt der "Schiefstand" hier schon 0,18 mm. Der durch den Kolbenbolzen geführte Kolben würde also "schief" (r/l) im Zylinder laufen.

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NorbertE
Geschrieben am: 08.05.2009, 17:43
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Man sieht auf dem obigen Foto, dass da zwischen Kolbenbolzen und Gehäuse was dazwischenliegt. "Normalerweise" misst man dies mittels Parallelanschlag. Die sind ein Messmittel. Ich habe es mir mal gegönnt (geht auch ohne, ich werds erklären). Die gibts in unterschiedlichen Maßen und die sind meist 100 mm lang. Gebraucht werden für die Motore aber nur 50mm. Was habe ich getan...Richtig: das 100 lange HSS-Messmittel mit der Flex "zertrennt" laugh.gif. Unser essifahrender Maschinenbaumeister hat die Hände über dem Kopf zusammengeschlagen und den Spruch geprägt: " das ist so, als ob Du an einem Mikrometer rumfeilst" laugh.gif

Diese Parallelanschläge sind bis aufs 1000stel geschliffene/gefräste Quader, bei denen alle Flächen zueinander parallel/90° sind. Güte, wie gesagt HSS!

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NorbertE
Geschrieben am: 08.05.2009, 18:02
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Nicht Jeder wird über das russisch zertrennte Messmittel laugh.gif verfügen. Es geht auch einfacher: Man benötigt nur zwei absolut maßhaltig gleichwertige Stücke Metall. Im Fall des Fotos sind es zwei Zylinderstehbolzen. Das ist nicht das Ideal, russisch, reicht aber.

Jeder kann sich für diesen Zweck selbst etwas fertigen/fertigen lassen. Es kommt auch nicht aufs 1000stel an. Hauptsache Paralellität und Augenmaß und Fingerspitzengefühl.

Und jetzt pressen wir das Pleuelauge mit Bolzen dagegen. Am Besten gehts, wenn man mit einer Hand am Kupplungskorb drehen kann. Schon dabei stellen wir fest:Einer der Stehbolzen klemmt fest, der Andere nicht. Die Achse des Pleuelauges oben ist also nicht parallel mit der Dichtfläche Zylinderfuss und damit stimmt die "Laufrichtung" des Kolbens nicht mit dem Zylinder überein.

Das müssen wir jetzt "hinbiegen" biggrin.gif

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NorbertE
Geschrieben am: 08.05.2009, 22:56
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Ich schrieb weiter oben von "hinbiegen". Das ist wörtlich gemeint. Man fasst mit einer Zange das Pleuel weit unten und steckt durch den Kolbenbolzen (nie durchs blanke Pleuelauge!!) einen passenden Dorn und schon haben wir einen Hebel. Das Pleuel ist geschmiedet, aber nicht vergütet. Somit relativ weich.
Diese Geschichte ist Erfahrungssache. Man muss schon beherzt drücken, das Pleuel ist nicht aus Butter biggrin.gif , aber auch nicht "rohe Kräfte" walten lassen.

Das muss man immer wieder (mit den Endanschlägen oder Stehbolzen) kontrollieren, bis der Kolbenbolzen beidseitig gleich aufliegt.

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NorbertE
Geschrieben am: 09.05.2009, 10:00
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Noch ein Bild von vorn.

Wir haben jetzt zwar keine Parallelität mehr in den KW-Achsen, aber der Kolben sollte nun gleichmässig im Zylinder laufen.

Ich habe ja mitbekommen, dass sich Viele an Ihre Motoren selbst ranwagen und finde das auch gut. Es ist ja kein Hexenwerk. Solche Feinheiten sollten/müssen aber beachtet werden, sonst hat man hinterher keine Freude.

Habe fertig biggrin.gif

Ihr könnt also nun ruhig Fragen stellen oder Statements abgeben, ich werde das Obige irgendwann mal an die Motordoku anhängen.

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Schmied
Geschrieben am: 09.05.2009, 10:16
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Situation :
Durch Toleranzen in der Fertigung der Gehäusehälften gerät die KW aus der Waagerechten und damit steht das Pleuel nicht mehr exakt 90° zum Zylinderfuss. Dadurch steht der Kolbenbolzen (und damit der Kolben) "schief" im Zylinder.

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NorbertE
Geschrieben am: 09.05.2009, 10:37
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Das Bild trifft es gut thumbsup.gif Der Zylinder steht zum Gehäuse schon gerade! Nur die in sich exakte KW sitzt im Gehäuse immer leicht schief/schräg.

Man muss sich die Fertigungstechnologie der Hälften vorstellen: Die werden gegossen. Dann werden zwei x-beliebige zusammengesetzt und die Lagersitze usw. werden gefräst. Die Hälften bekommen dann eine Nummer als Zueinandergehörig. Wie die Hälften manchmal aussehn, wissen wir. Es ist trotzdem Maschinenbau und geht ohne eine Präzision nicht. Nur summieren sich alle Toleranzen (Lagersitz KW nicht exakt zur Planfläche Zylinderfuss, Lagertoleranz usw.) an dieser wichtigen Stelle.

Es ist, ich gebe es zu, eine "russische" Methode, wird aber so praktiziert.

Edit: Nun müsste Schmied noch ein Bildchen reinstellen mit "gebogenem" Pleuel, also der Bolzen ausgerichtet zum Zylinder. Dann wärs perfekt. thumbsup.gif


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Schmied
Geschrieben am: 09.05.2009, 12:48
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OK, hier die Abbildung mit gerichtetem Pleul, sodass der Kolben senkrecht in der Laufbuchse läuft, obwohl in der Kurbelwellenlagerung eine Winkelverschiebung besteht:

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foppi
Geschrieben am: 09.05.2009, 13:26
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Mahlzeit eure Durchlaucht,

wieder mal eine prima Doku, doch für mich leider zu spät cry.gif
Ich hoffe, ich habe ein selbstauswinkelndes Pleuel verbaut...
und mein Motörchen läuft noch viele viele Kilometer trotz unterlassener Auswinkelung... *klopfaufholz* smile.gif
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NorbertE
Geschrieben am: 09.05.2009, 16:19
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QUOTE (foppi @ 09.05.2009, 14:26)
selbstauswinkelndes Pleuel

laugh.gif laugh.gif der war gut thumbsup.gif thumbsup.gif

Da es wirklich im 100stel-Bereich liegt (manchmal sind es auch 10-tel) kann, und ich betone "kann", es auch vorkommen, es passt oder das müh schleift sich halt ein. Dann hat man halt Glück gehabt. thumbsup.gif
Es ist aber dennoch eine Belastung für die Pleuellager und Zylinder/Kolben.
Moderne Motoren (mit ganz anderen Fertigungstoleranzen!!!) verzeihen einen schiefen Kolbenbolzen nicht!!!

Wolfgang, Schmied, Ihr werdet es gemerkt haben, dass ich schon drin rumredigiert habe. Das ist nicht böse gemeint und ich würde es auch gerne nochmal überarbeiten. Auch meine eigenen geschriebenen Dinge und dann an die Motordoku anhängen. Kann ich doch, oder? rolleyes.gif


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joker317
Geschrieben am: 09.05.2009, 23:44
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Norbert,

normalerweise lese ich hier gar nicht mit, aber zu vorgerückter Stunde wird das Internet immer kleiner biggrin.gif

Ich habe mir deine Sache durchgelesen und es mir bildlich vorgestellt.

Nun stellt sich mir folgende Frage:

Angenommen (der Einfachheit halber) die Kurbelwelle steht zum Erdboden genau paralell und auch der untere Pleulbolzen, alles genau paralell.
Nun steht aber, wie schon gesagt, der Zylinder in einem beliebigen Winkel nach rechts.
Nun kommt ein Oberlausitzer mit PallMall im Mundwinkel und Kombizange in der Hand und biegt das Pleul in den passenden Winkel.

Wenn jetzt aber, der Motor läuft und der Kolben im Zylinder schräg nach oben geht und das Pleul mit nach oben geht, verrückt sich das Pleul auf dem unteren Pleulbolzen ein Stück nach rechts. Im schlimmstens Fall verrückt es sich nicht nach rechts, sondern fängt an zu "kippeln".
Wenn der Kolben nun schräg wieder nach unten geht, dann wandert das Pleul auf dem unteren Pleulbolzen wieder nach links.

Und das im besten Falle 5000mal in den Minute hmm.gif

War jetzt nur so eine Überlegung von mir....

MfG joker317

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Wolfgang
Geschrieben am: 10.05.2009, 07:12
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@joker317,
den gleichen Einwand hatte ich auch, aber sieh Dir das Bild vom Schmied nochmal an: es wurde geändert.


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