Vor einigen Jahren bin ich mal über diese Räder gestolpert, als ich mich für Militärfahrzeuge interessiert hatte. Vor kurzem bot sich die Gelegenheit und so musste ich es einfach erwerben.
Das Rad war bis zur Auflösung der Radfahrtruppe 2003 in Benutzung, der Vorbesitzer hatte es damals aus dem Liquidationsverkauf in der Schweiz erworben.
Das Velo 05 wurde eigens für die Schweizer Armee entwickelt, ab 1905 gebaut und bis 1988 unverändert weiter produziert. All die Jahre hat man auf die massive Konstruktion gesetzt, ein Rad wie aus dem vollen. 1993 wurde es dann nach und nach durch das Model 93 abgelöst, welches eher einem modernen Mountenbike ähnelt.
Mein Rad wurde 1935 gebaut,
1945 wurde dann die Böni Trommelbremse nachgerüstet, welche ab 1944 eingeführt wurde. Vorher gab es nur den Rücktritt und die Stempelbremse. Wenn man bedenkt, das das Rad mit Anbauteilen nicht gerade ein Leichtgewicht war, war das dringend notwendig. Die Beleuchtung stammt aus den 50igern, zu dem Zeitpunkt wurde sie eingeführt. Dieser kleine Reflektor vorne wurde ab 1986 Pflicht und ist daher ein Beleg für die lange Verwendung des Rades. Vorher war es bei der Truppe so, das nur der Vordermann eine Taschenlampe an der Brust und der Hintermann eine am Rücken trug.
Auch wurden die Räder immer gut gepflegt und behandelt, das ganze war sogar vorgeschrieben.
Der Auszug aus deiner Dienstanweisung besagt: "Geht ein Rad infolge nachlässiger Behandlung zugrunde oder ist es beim Einrücken in einem Zustand, dass es zuerst in Revision gegeben werden muss, so hat der Fehlbare nicht nur die Reparatur selbst zu bezahlen, sondern es kann gegen ihn noch das Militärgerichtsverfahren wegen Zugrundegehenlassens und Verschleuderns von Kriegsmaterial eingeleitet werden."
Wenn man die Verarbeitung betrachtet, wird klar, warum man die Räder auch als Panzer unter den Fahrrädern bezeichnet. Rahmen und Lenkerrohr haben einen größeren Querschnitt und sind sehr massiv, was auch für die Anbauteile gilt. Der Bremshebel ist bspw noch geschmiedet, das Gestänge auch sehr stabil dimensioniert. Für den Antrieb gibt es eine verstärkte Kette die man eher einem Moped zuordnet, da sie den Balastungen stand halten musste, auch die Pedalen sind extra breit für die Stiefel. Die Felgen sind wie schon um 1905 noch wulstbereift, was auch bis zum Schluß beibehalten wurde, hier mit den originalen Maloya Gebirgsreifen.
Ich persönlich finde es bewundernswert das die Schweizer bis zur Jahrtausendwende diese Tradition der Fahrradregimente aufrecht erhalten haben. Wenn man sich in der heutigen Zeit, der modernen, computergesteuerten und sattelitengelenkten Waffentechnik, im Zeitalter der entsprechenden Schutzfahrzeuge für den Truppentransport, einen Soldaten auf einem Rad vorstellt, mit einem Karabiner auf dem Rücken, Wechselwäsche in der Tasche und einer Wolldecke auf dem Gepäckträger, so wirkt er fast schon unbeholfen. Trotz dem finde ich das beachtenswert, es wirkt so einfach minimalistisch und ehrlich und in mir kommt eine gewisse Abenteurer, Pfadfinder- und Lagerfeuerromantik auf.
Da ich auch aus Gesundheitlichen Gründen mehr Bewegung brauche und eben mehr Rad fahren will, werde ich es als Reiserad nutzen. So habe ich schon (von Berlin) eine Tour zur Ostsee geplant. Nur mit der normalen Ausrüstung und ein paar Wechselsachen.
Angefügtes Bild