Simson-Fahrräder
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Neben der Fertigung von diversen neuentwickelten Mopeds und Kleinkrafträdern, startete ca 1995 wieder die Fahrradproduktion. Obwohl die Räder bei Simson ( bzw bei der neu gegründeten Suhler Fahrzeugwerke GmbH kurz FZW) entwickelt und designed wurden, bestand ein großer Teil aus im Ausland zugekauften und vorproduzierten Komponenten. Die Geschweißten Rahmen waren aus leichtem Chromostahl und die Anbauteile kamen wie bei vielen Herstellern üblich, von Shimano, wie auch die gesamte Gruppe an diesen Rädern. Ich kann mich daran erinnern, daß zu meinem Schulende bei einigen Händlern Prospekte auslagen. Was mir noch bekannt ist zu der Zeit, waren die Modelle Simson "Supra Shimano", das "332" und die "Ranger" Modelle. Der Neupreis des 332 Betrug 799DM, die anderen lagen über 1000 DM, für mich als Jugendlicher unerschwinglich. Aber einige Modelle zu der Zeit waren schon ein Traum. Simson hatte versucht in der wirtschaftlich schwierigen Nachwendezeit wieder auf verschiedenen Sektoren Fuß zu fassen, was aber in Folge des neuen, offenen, bunten, facettenreichen und vor allem reizüberfluteten und gesättigten Marktes, nicht einfach war. Der Absatzmarkt im Ostblock, war ja mit dem Zusammenbruch dessen, nicht mehr vorhanden. So musste man quasi wieder von Null Anfangen. Gebracht hatte es jedoch nichts, da man auch dadurch letztendlich den Anschluss nicht fand und so ging das Werk ab 2002 letztendlich in die Insolvenz. Ich denke das Problem lag auch an der Planwirtschaft der ehem DDR und an der Unterdrückung diverser Neuentwicklungen zu der Zeit. Mit der späteren freien Marktwirtschaft, hatten viele Betriebe dann das Problem, das es keine Zeit mehr gab sich weiter zu entwickeln und anzupassen. Zumal auch viele Leute zu der Zeit lieber alles andere an Marken kauften, als das, was man ihnen Jahrzehntelang vorgesetzt hatte. Der eigentliche Kult und die Besinnung hinsichtlich der Qualität und Lebensdauer, setzte erst ein als die Lichter im Werk längst erloschen waren. Zu meiner Schulzeit waren bspw die Simson Mopeds nichts besonderes mehr, "der King" war nur, wer eine Aprilia, eine Honda NSR, Shadow, Rebell, oder bspw eine Yamaha DT hatte. Um zum eigentlichen Punkt zu kommen, so weit ich weiss wurden die Räder zwischen 1995 und 2000 gebaut. Es gab sowohl Tourenräder, als auch Mountainbikes. Für letztere gab es bspw den Thüringer Designpreis, mit dem das Modell "Freerider" ausgezeichnet wurde. Dieses, ein vollgefedertes Alurahmen Mountainbike steht bspw im Museum in Suhl. Wie viele Räder gebaut wurden ist nahezu unbekannt, Infos findet man auch Im Netz so gut wie garnicht. Lediglich ein paar Bilder tauchen ab und an mal auf, wenn sich bspw in den Kleinanzeigen mal eines findet. Das von mir erworbene Modell nannte sich "582". Ich werde das mal etwas putzen und etwas ins Detail gehen.
Angefügtes Bild
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DDR Mopeds und Motorräder Simson Fahrräder aus allen Epochen, von der Kaiserzeit bis in die DDR
Grüße Maik
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mulchhüpfer |
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Tolle Sache Simson-Fahrräder aus den 1990ern waren mir ebenfalls völlig unbekannt. Zur Wende: Ich denke, Simson ist im wesentlichen an seinen eigenen Produkten "erstickt". Wenn du in den 90ern eine gute S51 für 100-300 DM an jeder Ecke bekommen hast, konntest du keine Neufahrzeuge für 2000 DM verkaufen. Um dem Fluch der wendebdingt abnormal niedrigen Gebrauchtmarktpreise zu entfliehen, versuchte man, neue Modelle zu entwickeln die sich deutlich von den DDR-Mopeds abheben. Problem: Die waren wesentlich teurer und fanden deshalb erst recht keine Käufer. Ich vermute, Simson hätte überleben können, wenn man das Geld in sanfte Weiterenticklung der etablierten Typen gesteckt hätte. Letztlich ist es aber so, dass die DDR-Wirtschaft allgemein keine Chance hatte, weil die Währungsunion viel zu schnell kam. Hätte man eine föderale Struktur geschaffen, die den Binnenmarkt über einige Jahre hinweg noch schützt, hätten viele Betriebe eine reale Chance gehabt. Beispielsweise wäre ist nicht so extrem rasant zu einem völligen Wertverfall der gebrauchten Simsons gekommen, das wäre ein langsamerer, beherrschbarer Prozess geworden. Und natürlich war es auch pure Blödheit, die 60 km/h-regel nicht in bundesdeutsches Recht zu übernehmen, womit Neufahrzeugen allgemein ein Baum in den Weg gelegt wurde. QUOTE | Ich denke das Problem lag auch an der Planwirtschaft der ehem DDR und an der Unterdrückung diverser Neuentwicklungen zu der Zeit. |
In Bezug auf Simson trifft das vermutlich nicht zu, denke ich. Wenn die DDR was gut konnte, dann Mopeds bauen. Der SR50 war technisch weitaus moderner und besser als z.b. Vespa 50 & Co. Und die S51-Reihe ist nicht ohne Grund bis heute sehr beliebt, eine nahezu perfekte Mischung aus einfacher, preisgünstiger Konstruktion und hohem Gebrauchswert. SR50 und S53 waren auch jene Fahrzeuge, die sich nach 1990 mit Abstand am besten verkaufen ließen, undzwar bis 2002. Im Buch "Simson-Fahrzeuge von der Wende bis zum Ende" wird beschrieben, dass Simson sich vor allem mit virtuosen Neuentwicklungen völlig verzockt hatte und auch unter einem inkompetenten Managemet litt (versackende Gelder, Lieferschwierigkeiten, unausgereifte Produkte usw.). Ach das ist nicht nur Simson widerfahren, dass abgehalfterte Manager und Professoren aus dem Westen in den Osten kamen und dort mehr schlecht als Recht den Ersatz für das weggebrochene SED-System bildeten.
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MAWfreund |
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Dieses Buch habe ich bspw noch nicht. Aber so kann man das auch sehr gut nachvollziehen. Ich hab mal vor Jahren eine Doku gesehen, wo es um die Wendezeit ging. Dort wurden die Zustände unter der Verwaltung durch die Treuhand thematisiert. So wurde erstmal weiter produziert, obwohl es quasi keine Abnehmer mehr gab und der Wert verfiel. Der Film endet mit einem Schwenk über den Auslieferungsplatz, wo hunderte Neufahrzeuge standen, die schneebedeckt waren und mit dem Zitat: "und bis es soweit ist, wird weiter produziert. Wenn auch nicht mehr für den Markt, sondern nur noch für die Halde." Das war bevor die SFW GmbH gegründet wurden um 1990. Hier noch ein Beispiel für die letzte Fahrrad Produktion. Simson MODELL Freerider im Suhler Museum.
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mulchhüpfer |
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QUOTE (MAWfreund @ 14.05.2020, 14:10) | Der Film endet mit einem Schwenk über den Auslieferungsplatz, wo hunderte Neufahrzeuge standen, die schneebedeckt waren und mit dem Zitat: "und bis es soweit ist, wird weiter produziert. Wenn auch nicht mehr für den Markt, sondern nur noch für die Halde." Das war bevor die SFW GmbH gegründet wurden um 1990. |
Das wird denke ich dann der Winter 90/91 gewesen sein. Bis zur Währungsunion im Sommer 1990 ließen sich ja sogar noch die wirklich stark veralteten Zweitakt-Trabis abverkaufen. Die Produktion des 601er endete dann pünktlich mit der Währungsunion. Bei Simson versuchte man offenbar, auch nach der Währungsunion weiter Sachen zu verkaufen... ein hoffnungsloses Unterfangen. Die Leute wollten eben nicht nur weg von der SED, sondern auch SOFORT die D-Mark. Was das für die eigene Wirtschaft bedeutet, schien keinen interessiert zu haben. Hereingespielt hatte da sicher auch die Person Helmut Kohl, der um seine Wiederwahl 1990 bangte und dafür unbedingt die Stimmen der Ossis brauchte, also musste schnell das Schlaraffenland her...
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